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Der lange Weg

Roman

Erschienen am 15.02.2006
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783813502701
Sprache: Deutsch
Umfang: 446 S.
Format (T/L/B): 4 x 22 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Zwei junge Cree-Indianer verlassen ihre Heimat in Nordkanada und ziehen aus Abenteuerlust in den Ersten Weltkrieg. In den Schützengräben Flanderns erleben sie den Zusammenprall zwischen der Kultur ihrer Ahnen und der zerstörerischen Welt der Weißen - eine Erfahrung, die beide Männer für immer verändert. Als die Nachricht endlich kommt, macht sich die alte Cree-Indianerin Niska auf den Weg - aus der Stille der Wälder in die beängstigend laute Stadt. Am Bahnhof wartet sie tagelang, dann steigt ein junger Mann mit einem alten Gesicht aus dem Zug: ihr Neffe Xavier. Vor Monaten zog er mit seinem Freund Elijah in den Ersten Weltkrieg. Nun kehrt er als Krüppel zurück. Doch bei allem Glück, ihn wiederzuhaben, spürt Niska, dass Xavier nicht wirklich dem Tod entronnen ist. Mit dem Kanu machen sie sich auf den Weg zurück in die Wälder. Und während Xavier im gleichmäßigen Rhythmus der Paddel von den quälenden Bildern des Krieges nicht loskommt, erzählt Niska, um ihn ins Leben zurückzuholen. Sie erzählt von ihrem Vater, dem Schamanen ihres Stammes, und von seinem düsteren Vermächtnis. Sie malt für ihn die Bilder ihrer Kindheit und lässt die uralten Traditionen der Cree lebendig werden. Ihre Worte prallen in Xaviers Kopf auf das Grauen der Schlachtfelder, das ihn mit namenloser Angst erfüllt. Er sieht wieder seinen Freund Elijah, mit dem er durchs Niemandsland zwischen den Fronten schleicht, hört das Donnern der Kanonen, riecht noch einmal den Geruch des Todes. Xaviers letzte Reise flussaufwärts in das Gebiet seiner Ahnen dauert drei Tage. Es ist ein langer Abschied - von Vergangenheit und Zukunft.

Leseprobe

Wir stapfen durch den Schnee, folgen unserem Pfad hinaus zu den Schlingen bei den Weiden. Ich gehe voraus, halb im Schlaf. Eiseskälte. Beißt in der Brust. Elijah läuft in meiner Spur. Die Sonne kommt. Ich breche bei jedem Schritt durch die Schneedecke. Es war zu kalt letzte Nacht. Elijah versucht leise zu gehen, aber seine Schritte sind schwer. Er und ich sind gleich alt. Wir zählen zwölf Winter. Die Bäume ächzen und knacken. Es klingt wie sterben. 'Glaubst du, wir haben was gefangen?', fragt Elijah. Ich bleibe stehen und drehe mich um. 'Sei still.' Hier sind überall Spuren. Abdrücke im Schnee. Flache Abdrücke. Hohle Schatten im Weiß. Weiter vorn hängt die dunkle Leine in der Luft. Mein Herz klopft schneller. 'Haben wir was gefangen, Xavier?' Ein Marder ist uns in die Falle gegangen. Er baumelt über dem Schnee, als würde er schweben. Aus der Nähe kann ich die Rohlederschlinge um seinen Hals erkennen. Sein Pelz ist dicht. Tantchen wird stolz auf uns sein. Elijah drängt sich an mir vorbei, greift nach dem Marder und packt seinen langen Körper mit den Handschuhen. Er dreht sich um und lächelt mich an. Der Marder faucht und windet sich. Erschrocken lässt Elijah ihn los. Wir haben nicht gesehen, dass er noch lebt. Wir treten einen Schritt zurück und starren auf den kämpfenden Marder. Seine schwarzen Augen heften sich auf mich. Er will nicht sterben. 'Was machen wir jetzt, Xavier?' 'Du musst ihn erschlagen.' Elijah sucht sich einen Stock und geht auf das Tier zu. Er dreht sich zu mir um. 'Tu's.' Er zögert, dann holt er aus. Das Tier schreit auf, dass ich Angst bekomme. 'Fester!' Wieder holt Elijah aus, und wieder schreit der Marder. Mir wird schlecht. Ich nehme ein schwereres Holzstück, gehe näher heran und schlage dem Marder kräftig auf den Kopf. Die Lederschlinge reißt, und er fällt zu Boden. Er rührt sich nicht mehr. Ich schlage ihm noch einmal auf den Kopf. Elijah starrt mich an. 'Wir mussten es tun', sage ich. 'Wir mussten es tun', wiederholt er. 'Unsere erste Nacht allein draußen, und schon haben wir ein Tier gefangen. Deine Tante wird staunen.' Ich nicke lächelnd. Ich streife die Schlinge vom Hals des Marders, hole mein Messer heraus und fange an, ihm das Fell abzuziehen. Ganz vorsichtig, damit der Pelz keinen Schaden nimmt und der Körper unversehrt bleibt. Tantchen soll sehen, dass ich nichts verschwende. Elijah schaut zu. Nichts entgeht ihm. Er zieht einen Handschuh aus und bückt sich, um den nackten Leib des Marders zu berühren. 'Wir sind große Jäger, nicht wahr, Xavier?' 'Ja, Elijah', sage ich. 'Wir sind große Jäger und die besten Freunde, stimmt's?' 'Ja', sage ich. RÜCKKEHR Ekiiwaniwahk Seit vielen tagen halte ich mich im Wald in der Nähe der Stadt versteckt, komme nur heraus, wenn ich das Signal höre, um nach ihm Ausschau zu halten. Diese Stadt ist hässlich, viel größer noch als Moose Factory. Es ist eine Stadt, in der ich noch nie war und in die ich nie wieder kommen werde. Mehr wemistikoshiw, als ich sehen möchte, laufen in ihren komischen Kleidern auf den staubigen Straßen herum, angezogen wie für kaltes Wetter, obwohl die Sonne hoch am Himmel steht und es sommerlich heiß ist. Tagsüber verstecke ich mich gut, aber wenn dieses Geräusch an meine Ohren dringt, bleibt mir nichts anderes übrig, als herauszukommen und mich unter sie zu mischen. Sie starren mich an, zeigen auf mich und reden, als hätten sie noch nie eine von meiner Art gesehen. In ihren Augen muss ich eine dürre, wilde Alte sein, ein indianisches Tier direkt aus der Wildnis. Bald werden meine Vorräte nur noch für unsere Heimreise reichen, deshalb habe ich angefangen, rings um mein Lager Fallen aufzustellen. Aber die Kaninchen haben offenbar genauso viel Angst vor diesem Ort wie ich. Wo das Ding zum Stehen kommt, befindet sich eine einfache hölzerne Plattform mit einem kleinen Unterstand, der bei einem Wetterumschwung Schutz bietet. Die Straße dorthin ist staubbedeckt. Automobile so wie jenes, das Old Man Ferguson in M Leseprobe

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