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Cotta's kulinarischer Almanach No. 16

Bodenständiger Süden

Erschienen am 25.09.2008
21,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608913392
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S., schw.-w. Abb.
Format (T/L/B): 2.2 x 22.5 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wo der Süden ist, das Leichte und Heitere, das kommt auf den Standpunkt an. Der Süden ist heute längst grenzüberschreitend oder seinerseits auch bodenständig. Die Speisen sollen weder zu abgehoben noch zu erdschwer sein. Nicht unbedingt Crossover bestimmt den Trend, sondern die Sehnsucht des Publikums nach dem Natürlichen, Unverfälschten und Traditionellen mit einem Hauch von Jazz und Swing. Alexander Smoltcyzk berichtet über die alte italienische Küche, bevor es die Tomate gab. Katja Mutschelknaus schmecken die Kärntner Kasnudeln, während sich Michael Klett für Gerichte mit Sauerkraut im Elsass begeistert. Chandra Kurt schildert Köche und Winzer im Schweizer Gebirge. Brigitte Kronauer hat es das Fondue angetan. Simone Kaempf besucht Sepp Bierbichler in seiner bayerischen Wirtschaft. Hanns-Joseph Ortheil fühlt sich in Coburg und Bamberg wohl. Der Hype der Maultasche erfasst auch die deutsche Hauptstadt, wie Erwin Seitz weiß. Und Joachim Bessing wirft ein Licht auf die Geschichte des Kochens im Deutschen Fernsehen. Dazu noch vieles mehr.

Autorenportrait

Erwin Seitz, geboren 1958 in Wolframs-Eschenbach als Sohn einer Gastwirts- und Metzgermeisterfamilie, Besuch einer Klosterschule, Lehre als Metzger und Ausbildung zum Koch im Kempinski, Berlin. Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der FU Berlin und am St. John's College in Oxford. Dissertation über Goethes Autobiographie. Seitz lebt als freier Journalist in Berlin und schreibt über Feinschmeckerei. Regelmäßige gastrosophische Beiträge in der F. A. Z. Seitz ist seit 2002 Herausgeber von "Cotta's kulinarischem Almanach".

Leseprobe

Innereien - Äußereien oder meine große Art zu speisen Von Michael Klett Kutteln ist mein Schönstes. Sie sind, obwohl eher im Süden zu finden, ein europäisches Phänomen. Ich spüre ihnen nach, wo ich sie vermuten kann, denn sie sind kein Standardgericht auf den Speisezetteln. Die öden mich sowieso an mit ihren Barberieentenbrüsten, Steaks, dem ewigen Zander, den sogenannten Atlantikedelfischen und gelegentlich einer Kalbsleber, die aber vom Rind ist. Jedes Kuttelrezept ist mir recht, neben den Klassikern, also mit Weißwein, sauer oder mit Gemüsen, faszinieren mich die Köche, die wissen, womit sie da zugange sind, mit Kombinationen, wie in Apfelwein gedünstet und dann mit gerösteten Zwiebeln serviert, als dicke Suppe mit Sauerampfer, Rahm und Zwiebeln oder im Rotweinsud, mit frischen Tomaten oder wie wär's mit Morcheln, Maipilzen, Totentrompeten oder schwarzen Trüffeln? Schluss jetzt! Vielleicht sind Kutteln mein Allerschönstes. Aber etwas, das sonst in den Bäuchen, Köpfen und an den Extremitäten der Tiere für uns bereit ist, zupft an meinem Verlangen nicht viel weniger herum. Ich habe sie spät entdeckt, diese Geschmackswunder, die die Köche aus Nieren, Herz und Zunge bewirken. Sie haben mir die Augen oder vielmehr die bis dahin weitgehend trotzig verschlossenen Papillen geöffnet. Eine beinah abenteuerliche Entdeckungsreise, bei der mir klar wurde, dass sie, wenn es aufs Schmecken ankommt, etwas Wesentliches sind, weil sie neben der Gestalt des Tieres, das wir mit unseren Augen wahrnehmen, die inneren Energien zum Ausdruck bringen, denn es sind die Organe, die die Tiere gesund halten, die Nahrung umwandeln in Fleisch, die die Muskelmasse bauen und hegen und in so lebendiger Bewegung wie Ruhe halten. 'Die Natur liebt Hohlräume ' ist von dem griechischen Philosophen Heraklit überliefert und damit ist eine geheimnisvolle Gestalt angedeutet, in welcher die Lebensenergien vermutet werden können. Somit handelte es sich bei den Organen, die die Höhlungen bergen, um Lebenskraft, die auf uns übergeht und mit der wir uns stärken. Funktion und Tätigkeit der inneren Organe liefern aber auch einen je spezifischen Geschmack, für dessen Art wir keine Analogie haben außer bei den Mägen der Tiere, die richtig gereinigt und vorgekocht einen verwehenden Hauch von Gras und Kräutern vermitteln. Das Muskelfleisch, das allgeschätzte und gleichbleibend Gewohnte, ist demgegenüber in seinem blut- und fetttransportierten Saftgeschmack zwar auch etwas Vorzügliches, aber es ist eben viel schlichter. Es beherrscht die Ernährungsphantasie des europäischen Essers nahezu vollkommen als das im Mittelpunkt eines Mahles stehende Stück, wenn man von Geflügel oder Fisch einmal absehen will. Im steinreichen Deutschland ist man damit auch wählerisch. Rumpsteak, Filet, Roastbeef, vielleicht noch das Hüftsteak, der Tafelspitz, das wird geschätzt. Das Übrige reist in Kühlbehältern zu ärmeren Völkern, und was drinnen ist, wird großenteils in Weichwürste eingewürzt und lockt auf den Tresen der Metzger. Dabei war diese winzige Quantität der Organe im Vergleich zur Muskelmasse in früheren Zeiten das Vorrecht hoher Herrschaften, und die wussten auch, warum, und nicht nur, weil sie den Lebenswerkzeugen in den Tieren magische Kraft zumaßen. Ich bedaure die verlorenen Jahre, wo ich Kronfleisch und Nieren mied, wo mir Hirn und Bries so unheimlich waren wie Mark und Herz, wo mir vor der Zunge von Rind und Kalb graute, die strenge Speisepflicht bei der Großmutter waren. Die bunte Schweinskopfsülze hätte ich beiseite gelassen, wenn ich gewusst hätte, was ihr Herkommen ist, und den Kalbskopf, etwas vom Edelsten, was man überhaupt auf dem Teller haben kann, gab es nach Beginn des Wirtschaftswunders in süddeutschen Gefilden so gut wie nie. Warum habe ich, haben fast alle meiner Zeitgenossen diese famosen Speisen nicht gewollt oder gar verachtet? Ich versuche mir zu erklären, was da vor sich ging und noch geht. Da ist natürlich

Inhalt

VORESSEN Coburg, zum Beispiel, ist auch eine südliche Stadt ... Von HannsJosef Ortheil Lob der Regionalliga Kleine Soziologie der bodenständigen Küche Von Jürgen Kaube Die hohe Kunst, es möglichst einfach zu machen Der Hype der Maultasche in Berlin Von Erwin Seitz HAUPTMAHLZEIT UM DIE ALPEN HERUM Wie der Süden schmeckt Bauernküche, Büffelleben und bitterer Honig Von Renate Peiler Knödelei Die Kochkunst in Südtirol Von Rosa Kremel Schwer ist leicht was Die Kärntner Kasnudel Von Katja Mutschelknaus Noch nie gegessene Speisen Österreichurlaub in den Siebziegern Von Imke Sturm SpeisenZettl , 1790, 2008 Von David Wagner Felix Austria Weinreise durch die Wachau, das Burgenland und die Steiermark Von Erwin Seitz Trinkbare Landschaften Lob der Obstbrände Von Michael Allmaier Schmeckatmen Ein schönes physiologisches Phänomen Von Michael Klett Schweizer Schatzkammer Gletscherwein im Oberwallis Von Chandra Kurt Etwas Dahinschmelzendes Von Brigitte Kronauer Wurst wie Innereien Essen aus der Metzgerei in St. Gallen Von Ingrid Schindler Feines in der Kleinstadt Von Carmen v. Samson Wahlverwandtschaft Schwaben, Spätzle Von Rafael Arnold InnereienÄußereien oder meine große Art zu speisen Von Michael Klett NACHTISCH Essen, um davon zu erzählen Gefrorene Parmesanluft in Düsseldorf Von Peter Eickhoff Sundowner medial Das Erfolgsrezept der Kochsendungen Von Joachim Bessing Der stille Koch Patrick Müller zwischen »Marx« und »3sat« Von Verena Mayer

Schlagzeile

Maultaschen und Spätzle erobern Deutschland

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